Reisen ist in diesem Jahr ein ohnehin schwieriges Thema. Kurz vor Beginn der hessischen Sommerferien habe ich mir Gedanken darüber gemacht was Reisen eigentlich bedeutet. Brauchen wir Reisen als Erholung von unserem Alltag? Leben wir unseren Alltag so, dass wir Entspannung nur im Urlaub finden können? Was muss anders sein, damit wir den Urlaub als einen Tapentwechsel sehen können, der uns dabei hilft wieder mehr bei uns anzukommen anstatt vor unserem Alltag davon zu laufen?
Corona hat unser aller Reisepläne gehörig durcheinander gewürfelt. In den letzten Wochen habe ich immer wieder gelesen, dass es ja nicht so schlimm ist, mal ein Jahr lang auf den Urlaub zu verzichten. Ist das aber tatsächlich so, dass es nicht schlimm ist einmal auf den Urlaub zu verzichten? Wahrscheinlich würden tatsächlich einige jetzt zustimmen. Ob diese Aussage auf Zustimmung oder Ablehnung stößt hängt stark davon ab wie wir unseren Alltag und unseren Urlaub gestalten. Wenn wir unserem Alltag so gestalten, dass wir Leben um zu Arbeiten und der Urlaub die Einzige Möglichkeit im Jahr ist, um sich zu erholen und zu regenerieren, ist es sicher mehr als schwierig auf diese Auszeit zu verzichten. Dann ist der zweiwöchige (Sommer-)Urlaub, die einzige Möglichkeit um dem Alltag zu entfliehen und die Akkus wieder ein wenig aufzutanken. Ganz oft geschieht es in solchen Fällen, dass wir erst einmal richtig krank werden, wenn wir im Urlaub angekommen sind. Unser Organismus hat monatelang auf sehr hohem Stressniveau gearbeitet und nutzt die Auszeit um all die unterdrückten und vielleicht auch übergangenen Dinge nach oben zu holen. Urlaub fühlt sich dann wie eine Achterbahnfahrt an. Bis kurz vor dem Urlaub war der Alltag noch unendlich voll gepackt und der Stresslevel bei über 100%, im Urlaub fährt das System rapide runter und nach dem Urlaub genauso schnell wieder hoch. Der Erholungsfaktor ist also nur sehr kurzfristig gesehen und nicht sonderlich effektiv. Genauso wie auch die Flucht vor dem Alltag nur relativ kurzfristig wirkt, weil die Tretmühle ja bereits wieder auf uns wartet. Wenn wir uns aber in unserem Alltag genau Auszeiten gönnen. Wenn wir ein Leben führen, in dem wir uns Freiräume schaffen, in dem wir Zeit für uns einplanen, in dem Platz ist für Zeitfenster zur Regeneration, dann ist es wahrscheinlich in der Tat nicht so schlimm, einmal auf den Sommerurlaub zu verzichten.
Unser Leben besteht immer aus einer Mischung aus Anspannung und Entspannung. Wir müssen das richtige Maß zwischen beidem finden, um ein ausgeglichenes Leben führen zu können. Wenn wir es schaffen in unseren Alltag Ruheinseln einzubauen, ist Urlaub keine benötigte Zeit zur Regeneration sondern ein Tapetenwechsel um wieder mehr bei sich selbst ankommen zu können. Reisen weitet das Herz. Wenn wir reisen lernen wir neue Kulturen kennen, neue Landschaften, neue Sprachen. Wir öffnen uns für das Neue und Andere und lernen dabei viel über uns selbst. Wir haben Ruhe und Zeit um Dinge zu überdenken oder neue Pläne zu schmieden. Wir können wieder bei uns Selbst ankommen und vielleicht kreative Ideen entwickeln.
Wenn wir aber mit einem hohen Stresslevel in den Urlaub fahren, brauchen wir in der Regel zwischen 3-5 Tagen um überhaupt im Urlaub anzukommen. Wenn wir dann nach 7 Tagen bereits wieder nach Hause fahren, ist der Erholungseffekt sehr gering. Tatsächliche Erholung und Regeneration setzt erst nach 14 Tagen wirklich ein. Vorher sind wir gedanklich immer noch mit Alltagsthemen beschäftigt oder vielleicht mit den Dingen, die wir vor dem Urlaub nicht mehr erledigt bekommen haben. Wenn wir aber mit einem eher niedrigen Stresspegel im Urlaub ankommen, setzt die Erholungsphase bereits viel früher ein.
Die Frage ist also, wollen wir ein Leben führen, in dem wir Urlaub brauchen um uns von unserem Alltag zu erholen oder wollen wir ein Leben führen, in dem wir auch im Alltag genug Ruhe und Auszeiten haben, um Urlaub komplett neu denken zu können? Das Stichwort ist auch hier wieder Selbstfürsorge und Selbstliebe. Wir müssen gut auf uns achten und gut für uns selbst sorgen, um ein Leben führen zu können, in dem wir nicht vor unserem Alltag fliehen müssen. Wenn wir uns erlauben Ruheinseln in den Alltag einzubauen, spüren wir genau, was uns gut tut und was nicht. Wir nehmen unseren Körper und unsere Bedürfnisse wahr und erkennen, wann der Stresspegel zu hoch steigt und wir gegensteuern müssen.
In den letzten Artikeln findest Du ganz viele Anregungen wie Selbstfürsorge und Selbstliebe gelingen kann. Wenn Du magst, höre gerne auch noch einmal in die Podcastfolge "Frieden beginnt in Dir" hinein. Am Ende findest Du eine Meditation, die Dir dabei hilft, wieder mehr bei Dir anzukommen.
In diesem Sinne, lasst uns ein Leben führen, in dem wir Urlaub nicht als nötigen Gegenpol zum hektischen Alltag brauchen, sondern als Zeit die uns uns selbst wieder näher bringt.
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